Die neuen FinTech-Unternehmen erschließen das Internet in voller Breite für Finanzdienstleistungen. Sie entwickeln Innovationen und schaffen Raum für Kostensenkungen. Und doch sind die meisten von ihnen ernsthaft bedroht.
Die Begeisterung für FinTech ist groß. Das mag vor allem daran liegen, dass das seit dem Krisenjahr 2008 sich global breit machende Unbehagen gegenüber dem klassischen Bankgeschäft nicht abklingt und neue technische Entwicklungen im Bereich der Finanzdienstleistungen Hoffnungen auf neue Lösungen für Finanzdienstleistungen wecken.
Es gibt Online-Foren, die verheißungsvolle Einblicke in eine schöne und viel einfachere neue Welt verschaffen. In der Bankenhauptstadt Frankfurt zelebriert eine Fangemeinde regelmäßig im Rahmen der Veranstaltung „Between the Towers“ auch offline die anbrechende Zeitenwende.
Worum geht es bei den FinTech-Startups? Das immer wieder aufgenommene Leitthema ist der Zahlungsverkehr. Zahlreiche Startups haben leistungsfähige neue Lösungen aus dem Boden gestampft, die schnellere und sehr preiswerte Lösungen insbesondere für den internationalen Zahlungsverkehr bieten. Während die Banken über Jahre gemeinsam Ressourcen in das unbestreitbar sehr leistungsfähige SEPA-System gesteckt haben, nutzen die neuen Anbieter das Internet und weisen mit wesentlich geringerem Einsatz beeindruckende Ergebnisse vor. Dies gilt auch für Giganten wie Apple oder Google. Diese testen aus, ob sie für sich im Zahlungsverkehr lukrative neue Märkte erschließen können.
Unternehmen, die sich dem Peer-to-Peer Lending widmen, dringen direkt in das Kerngeschäft von Banken ein.
Andere Startups konzentrieren sich auf die Themen Finanzinformation und Investieren. Sie sprechen dabei überwiegend ein junges Publikum an. Dieses lebt in einer sich kulturell verankernden Symbiose mit mobilen Geräten und fühlt sich im Einklang mit einer bestimmten Form der Ansprache über den Bildschirm. Hier spielt das Design eine dominante Rolle.
Schließlich gibt es die Gruppe der „enablers“. Dies sind Unternehmen, die intelligente neue Lösungen für Aufgaben gefunden haben, die jeden Finanzdienstleister erst in die Lage versetzen, Dienstleistungen zu erbringen und die normalerweise (zu viel) Geld kosten. Ein Beispiel sind Verfahren zur sicheren Form der Identifizierung von Kunden und zur Verhinderung von Geldwäsche.
Nun tritt ein prominenter mehrfach bewährter Gründer aus dem Bereich der Finanzdienstleister auf und kündigt das große FinTech-Sterben an. Matthäus Schmidt sieht den großen Mähbalken auf die FinTech-Gründungen zukommen. Er weist zu Recht darauf hin, dass die Masse der FinTech-Unternehmen sich im Kernbereich des Bankgeschäfts bewegt. Die DNA des Bankgeschäfts ist zu einem wesentlichen Teil strenges und unübersichtliches Aufsichtsrecht. Dagegen kommt so schnell kein Startup-Unternehmen an. Wer den von Aufsichtsbehörden beherrschten Rasen ohne deren Zustimmung betritt oder sich dort nicht nach deren Verkehrsregeln bewegt, der hat mit der sofortigen Schließung zu rechnen.
Die zurückhaltende Prognose gilt sicher nicht für die erwähnten „enablers“, die den lizen-zierten Instituten Vorteile bieten. Hier gibt es sicher weiter Raum für Kreativität und Wachstum. Es wird auch nicht im Bereich Peer-to-Peer Lending gelten. Dieses Geschäft ist technisch anspruchsvoll, aber nichts spricht gegen dessen Wachstum.
Eine richtige Revolution mit bester Entwicklungsprognose ging indessen aus dem zunächst nicht ernst genommenen Milieu der Bitcoin Miners hervor: Die zunächst ablehnende Bankenindustrie ist nicht nur auf den Zug der Technologie gesprungen. Sie hat ihn jetzt sogar gekapert. Eine breite Bankenallianz bereitet neue Standards für die Nutzung der von den Bitcoin Miners entwickelten Blockchain für den globalen Zahlungsverkehr, den Effektengiroverkehr und schließlich den automatischen Wertpapierhandel vor. Ein größeres Institut versucht, im Alleingang die große Allianz zu überholen.
Die Bankenaufsicht mag ein Mähbalken sein. Die geballte Macht der etablierten Finanzindustrie ist indessen die gleich dahinter fahrende Dampfwalze. Es wird spannend.
Dr. Martin Bartels, LightFin GmbH