Hessische Startups brauchen bessere Startbedingungen!

Schanz zs
Dr. Kay-Michael Schanz

 

Unter dem Titel „Berlins Aufstieg als Finanzzentrum für Venture Capital“ hat die Universität Münster eine ebenso spannende wie – zumindest für Marktteilnehmer in Hessen – frustrierende Studie zu den Finanzierungsmöglichkeiten junger Unternehmen veröffentlicht. Sie macht wieder einmal deutlich, dass hier trotz Initiativen wie HIGHEST der TU Darmstadt und der Aktivitäten der MBG H längst nicht genug passiert. So ist Hessen nach Kenntnis des Verfassers das einzige Bundesland ohne landeseigenen VC-Fonds. Für den Standort des deutschen Finanzzentrums ist das schlichtweg kläglich.

Wie die Studie belegt, nimmt Berlin als Zielort von Venture Capital-Investitionen in Deutschland eine absolut dominante Position ein. So entfielen von 589 analysierten Venture Capital-Transaktionen mit Zielunternehmen, die ihren Hauptsitz in Deutschland hatten, in den Jahren 2012 und 2013 allein 271 auf Berliner Unternehmen (37 %). Von Gesamtinvestitionen in Höhe von 2 Mrd. Euro in dem besagten Zeitraum erhielten diese nach der Studie 873 Mio. Euro, d.h. 44 %!

Zwei Drittel des in Berlin investierten Kapitals floss in Unternehmen des Informations- und Kommunikationssektors mit den Branchen Internet Services, E-commerce, Mobile Services sowie Software.

Dabei haben die Berliner Startups in erheblichem Maße auswärtiges Kapital angezogen. Die investierten Mittel stammten nur zu rund 17 % von den in der Stadt beheimateten Investoren. Interessanterweise kommen 51 % der Mittel aus dem Ausland, wobei VC-Gesellschaften aus dem Silicon Valley, London und Moskau die höchsten Beträge investiert haben sollen.

Die direkten Effekte dieser Entwicklung hinsichtlich der Standortförderung und der Schaffung von Arbeitsplätzen sind offensichtlich. Interessant ist aber, dass dies auch zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl von VC-Gesellschaften in Berlin geführt hat. So liegt Berlin nach der Studie mit 37 VC-Gesellschaften und 170 Investment-Managern mittlerweile auf dem zweiten Rang nach München (53 VC-Gesellschaften, 350 Investment-Managern). Alle anderen bundesdeutschen Städte liegen klar zurück: so hat das drittplatzierte Hamburg 28 VC-Gesellschaften mit 80 Investment-Managern. Frankfurt, sicherlich nicht arm an – auf spätere Unternehmensphasen fokussierte und bundesweit tätige – Private Equity-Gesellschaften, schafft es im Bereich Venture Capital nicht einmal, von den Autoren der Studie erwähnt zu werden.

Die Berliner VC-Szene ist jung und wächst dynamisch: Fast die Hälfte aller in Berlin ansässigen VC-Gesellschaften wurde erst seit dem Jahr 2010 gegründet bzw. nahm in Berlin ihre Geschäftstätigkeit auf. Auch hier findet sich keine parallele Entwicklung in Hessen.

Zugegebenermaßen hat Berlin wohl eine eher regionale Bedeutung. Eine überregionale Finanzierungsfunktion besteht – auch für die neuen Bundesländer – nicht. So wurden nach der Studie von Berlin aus 9 % aller VC-Investitionen in Deutschland getätigt. Bezieht man angabegemäß nur die innerdeutschen VC-Standorte als Kapitalgeber ein, dann liegt der Anteil Berlins mit 16 % deutlich hinter München (27 %),  aber wiederum vor anderen deutschen Städten. Das Berliner Investitionsvolumen blieb zu 80 % innerhalb der Stadtgrenzen, je 5 % flossen nach München und Köln.

All dies veranlasst die Verfasser der Studie zu der ebenso richtigen wie interessanten Schlussfolgerung, dass der stark regionale Bezug der Berliner Investitionen und der hohe Anteil von Neugründungen an VC-Gesellschaften in der Stadt dafür sprechen, dass Berlins VC-Szene sich zusammen mit der dortigen Startup-Szene entwickelt. Vielleicht sollte dies den Verantwortlichen in Wiesbaden und anderen Regionen zu denken geben .

Dr. Kay-Michael Schanz, LightFin GmbH

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