Nach den tragischen Anschlägen auf Charlie Hebdo Anfang dieses Jahres riefen weltweit (zumeist konservative) Politiker erneut dazu auf, effektive Verschlüsselungs- systeme für die Kommunikation im Internet zu verbieten. Genauer: Sie wollen sie derart gestalten, dass staatliche Institutionen auf die unverschlüsselten Daten zugreifen können.
Es gäbe unterschiedliche Ansätze dazu, dies technisch zu erreichen: Erzwungene Hinterlegung von Generalschlüsseln, Abschwächung der Kryptographie durch kurze Schlüssel oder gebrochene Algorithmen, Einbau von Hintertüren in die jeweiligen Soft- oder Hardwaresysteme… Gemeinsam ist ihnen allen dies: Es sind sehr schlechte Ideen. Vor allem bedeuten sie in der Konsequenz, dass es immer auch für die „bösen Jungs“ (Eingreifer in die Privatsphäre, Industriespione) einfacher wird, an verschlüsselte Daten zu kommen.
Diese Ambitionen sind keinesfalls neu. Es gibt sie, seit es Verschlüsselungssysteme gibt. Die aktuellen Entwicklungen laufen daher auch unter dem Begriff „Crypto Wars 3.0“. Die Zahl zeigt, dass wir das schon mehrfach hatten. An dieser Stelle soll nicht auf die Details der jeweiligen Argumente eingegangen werden. Sie sind alle bereits ausgeführt und erwidert worden. Zu diesem Thema wurde alles bereits gesagt, was dazu gesagt werden kann. Eine Quelle, um das Gebiet und den aktuellen Stand zu verstehen, ist hier zu finden.
Wahrscheinlichkeit eines Verbots in Deutschland
Der genannte Artikel liefert auch direkt eine Einschätzung dessen, um das es hier eigentlich gehen soll: Wie wahrscheinlich ist ein Verbot eines Systems wie Qabel in Deutschland? Es spricht fast alles dafür, dass eine solche Einschränkung effektiver Kryptographie in Deutschland und auch in Europa nicht kommen wird. Die Gründe dagegen erscheinen übermächtig:
Wirtschaftsspionage
Der einzige Weg, Wirtschaftsspionage zumindest einzudämmen, ist funktionierende Verschlüsselung. Wirtschaftsspionage ist Gift für eine moderne Marktwirtschaft, die von Innovationen lebt. Die Snowden-Enthüllungen haben gezeigt, dass westliche Nationalstaaten ihre geheimdienstlichen Systeme im großen Stil auch für wirtschaftliche Belange einsetzen. Eine Einschränkung der Verschlüsselungsmöglichkeiten würde diesem Tun endgültig Tür und Tor öffnen. Gleiches gilt selbstverständlich auch für chinesische Aktivitäten, die in ihren Forderungen noch sehr viel konkreter werden. „Die chinesische Regierung möchte nur noch Hard- und Software ins Land lassen, bei der die Verschlüsselung von Behörden umgangen werden kann.“ Das stört dann interessanterweise sogar die USA.
Kriminelle Aktivitäten
Die Schaffung von Hintertüren für staatliche Institutionen bedeutet automatisch auch die Schaffung von Hintertüren für Kriminelle. Als Analogie aus der physikalischen Sicherheitsindustrie könnte man einen Panzerschrank heranziehen, dessen Stahltüren künstlich so dünn gebaut wurden, dass staatliche Stellen schnell ohne Schlüssel an den Inhalt kommen können. Es ist intuitiv klar, dass ein solches Vorgehen auch Kriminellen die Arbeit erleichtert. Entsprechend würden Bankingsysteme radikal unsicherer werden, Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen im Netz für Zahlsysteme wären angreifbarer, Smarthomesysteme leichter zu manipulieren (man denke hier an das Öffnen von Eingangs- oder Garagentüren durch Onlineattacken). Die Fantasie von auf Missbrauch ausgerichteten Institutionen und Personen kennt keine Grenzen. In der Quintessenz wiegen die Argumente gegen eine Schwächung von Verschlüsselungssystemen deutlich schwerer als die dafür. Vor allem die Interessenvertreter der Wirtschaft werden den Standpunkt vertreten und werden sich damit durchsetzen, dass technisches und geschäftliches Wissen nicht einfach mit staatlicher Unterstützung dem Missbrauch und dem Diebstahl preisgegeben werden darf.
Auswirkungen, wenn doch ein Verbot kommen sollte
Um es kurz zu machen: Qabel ist ein quelloffenes, durch die konsequente Entstehung im und die Nutzung des Internets sehr stark auf die internationale Verbreitung angelegtes System. Wir werden auch im unwahrscheinlichen Fall eines Verbots in Deutschland einen Weg gehen, der uns erlaubt, die Software und auch das Unternehmen dahinter legal weiter zu betreiben.
Wir werden keine falschen Kompromisse eingehen und Hintertüren in das System einbauen. Das wäre nicht mit unserem Verständnis von Bürgerrechten vereinbar, und es wäre auch wirtschaftlich Unsinn. Qabel wird sein Alleinstellungsmerkmal und stärkstes Kaufargument nicht abschaffen.
Dipl.-Ing. Peter Leppelt, Geschäftsführer der Qabel GmbH